Friedrich Hölderlin  - originel                                                        passage  /  accueil

 

                    DICHTERBERUF

Des Ganges Ufer hörten des Freudengotts
   Triumph, als allerobernd vom Indus her
      Der junge Bacchus kam, mit heilgem
         Weine vom Schlafe die Völker weckend.

Und du, des Tages Engel ! erweckst sie nicht,
   Die jetzt noch schlafen ? gib die Gesetze, gib
      Uns Leben, siege, Meister, du nur
         Hast der Eroberung Recht, wie Bacchus.

Nicht, was wohl sonst des Menschen Geschick und Sorg
   Im Haus und unter offenem Himmel ist,
      Wenn edler, denn das Wild, der Mann sich
         Wehret und nährt ! denn es gilt ein anders,

Zu Sorg und Dienst den Dichtenden anvertraut !
   Der Höchste, der ists, dem wir geeignet sind,
      Daß näher, immerneu besungen
         Ihn die befreundete Brust vernehme.

Und dennoch, o ihr Himmlischen all, und all
   Ihr Quellen und ihr Ufer und Hain’ und Höhn,
      Wo wunderbar zuerst, als du die
         Locken ergriffen, und unvergeßlich

Der unverhoffte Genius über uns
   Der schöpferische, göttliche kam, daß stumm
      Der Sinn uns ward und, wie vom
         Strahle gerührt, das Gebein erbebte,

Ihr ruhelosen Taten in weiter Welt !
   Ihr Schicksalstag’, ihr reißenden, wenn der Gott
      Stillsinnend lenkt, wohin zorntrunken
         Ihn die gigantischen Rosse bringen,

Euch sollten wir verschweigen, und wenn in uns
   Vom stetigstillen Jahre der Wohllaut tönt,
      So sollt es klingen, gleich als hätte
         Mutig und müßig ein Kind des Meisters

Geweihte, reine Saiten im Scherz gerührt ?
   Und darum hast du, Dichter ! des Orients
      Propheten und den Griechensang und
         Neulich die Donner gehört, damit du

Den Geist zu Diensten brauchst und die Gegenwart
   Des Guten übereilest, in Spott, und den Albernen
      Verleugnest, herzlos, und zum Spiele
         Feil, wie gefangenes Wild, ihn treibest ?

Bis aufgereizt vom Stachel im Grimme der
   Des Ursprungs sich erinnert und ruft, daß selbst
      Der Meister kommt, dann unter heißen
         Todesgeschossen entseelt dich lässet.

Zu lang ist alles Göttliche dienstbar schon
   Und alle Himmelskräfte verscherzt, verbraucht
      Die Gütigen, zur Lust, danklos, ein
         Schlaues Geschlecht und zu kennen wähnt es,

Wenn ihnen der Erhabne den Acker baut,
   Das Tagslicht und der Donnerer, und es späht
      Das Sehrohr wohl sie all und zählt und
         Nennet mit Namen des Himmels Sterne.

Der Vater aber decket mit heilger Nacht,
   Damit wir bleiben mögen, die Augen zu.
      Nicht liebt er Wildes ! Doch es zwinget
         Nimmer die weite Gewalt den Himmel.

Noch ists auch gut, zu weise zu sein. Ihn kennt
   Der Dank. Doch nicht behält er es leicht allein,
      Und gern gesellt, damit verstehn sie
         Helfen, zu anderen sich ein Dichter.

Furchtlos bleibt aber, so er es muß, der Mann
   Einsam vor Gott, es schützet die Einfalt ihn,
      Und keiner Waffen brauchts und keiner
          Listen, so lange, bis Gottes Fehl hilft.