Friedrich Hölderlin  - originel                                                                    passage  /  accueil

                             Wenn aus der ferne...

               Wenn aus der Ferne, da wir geschieden sind,
                  Ich dir noch kennbar bin, die Vergangenheit,
                     O du Teilhaber meiner Leiden !
                        Einiges Gute bezeichnen dir kann,

               So sage, wie erwartet die Freundin dich ?
                  In jenen Gärten, da nach entsetzlicher
                     Und dunkler Zeit wir uns gefunden ?
                        Hier an den Strömen der heilgen Urwelt.

               Das muß ich sagen, einiges Gutes war
                  In deinen Blicken, als in den Fernen du
                     Dich einmal fröhlich umgesehen,
                        Immer verschlossener Mensch, mit finstrem

               Aussehn. Wie flossen Stunden dahin, wie still
                  War meine Seele über der Wahrheit, daß
                     Ich so getrennt gewesen wäre ?
                        Ja ! ich gestand es, ich war die deine.

               Wahrhaftig ! wie du alles Bekannte mir
                  In mein Gedächtnis bringen und schreiben willst,
                     Mit Briefen, so ergeht es mir auch,
                        Daß ich Vergangenes alles sage.

               Wars Frühling ? war es Sommer ? die Nachtigall
                  Mit süßem Liede lebte mit Vögeln, die
                     Nicht ferne waren im Gebüsche
                        Und mit Gerüchen umgaben Bäum uns.

               Die klaren Gänge, niedres Gesträuch und Sand,
                  Auf dem wir traten, machten erfreulicher
                     Und lieblicher die Hyazinthe
                        Oder die Tulpe, Viole, Nelke.

               Um Wänd und Mauern grünte der Efeu, grünt’
                  Ein selig Dunkel hoher Alleen. Oft
                     Des Abends, Morgens waren dort wir,
                        Redeten manches und sahn uns froh an.

               In meinen Armen lebte der Jüngling auf,
                  Der, noch verlassen, aus den Gefilden kam,
                     Die er mir wies, mit einer Schwermut,
                        Aber die Namen der seltnen Orte

               Und alles Schöne hatt er behalten, das
                  An seligen Gestaden, auch mir sehr wert,
                     Im heimatlichen Lande blühet
                        Oder verborgen, aus hoher Aussicht,

               Allwo das Meer auch einer beschauen kann,
                  Doch keiner sein will. Nehme vorlieb, und denk
                     An die, die noch vergnügt ist, darum,
                        Weil der entzückende Tag uns anschien,

               Der mit Geständnis oder der Hände Druck
                  Anhub, der uns vereinet. Ach ! wehe mir !
                     Es waren schöne Tage. Aber
                        Traurige Dämmerung folgte nachher.

               Du seiest so allein in der schönen Welt,
                  Behauptest du mir immer, Geliebter ! das
                     Weißt aber du nicht,  (................)